25.12.23

Es war nicht alles gut, es war nicht alles schlecht. 
Der Jahresrückblick 2023

Januar
In Zeiten ästhetischer Verblödung freut man sich über eine schlichte Mauer auf dem Weg zum bedeutendsten Bauwerk Niederbergs. Da bekommt "Design am Dom" eine ganz neue Bedeutung. Großer Böhm, wir loben dich. Und sonst? Die Reporterin der WAZ hat einen Artikel über die Minigolfanlage von Uwe Binder geschrieben. Krass, was die Behörden mit ihm machen –  da fällt man vom Glauben ab.


Februar
Der Kreis Mettmann hat gestern die Kriminalstatistik für das Jahr 2022 vorgestellt. Hier eine Übersicht im Vergleich zu 2021:
Straßenkriminalität + 18,6 Prozent
Diebstahlsdelikte + 17,7 Prozent 
Einbruchsdelikte + 29,5 Prozent
Betrugsdelikte zum Nachteil älterer Menschen + 100 Prozent 

Ein Sprecher: "Damit erleben wir, man muss es so deutlich sagen, eine Rückkehr zur Normalität.“ (Gemeint ist die Zeit vor Corona.)

März
Die Freibadsaison in Neviges beginnt im Mai. Eingeschränkt im Panoramabad (Sprung- und Schwimmerbecken sind geschlossen), voll auf der Sprudelplatte, wenn die Wasseraufsicht genügend Zeit hat, die Wasserproben in Ordnung sind, die Technik funktioniert und so weiter. Wenn ein Wunder geschieht, öffnet gleichzeitig das Café nebenan. Man munkelt, weiß aber nichts Genaues.

Apropos Wasserqualität: Wie steht es eigentlich um den Baldeneysee? Man hört und sieht nichts mehr. Alles in Ordnung nach den 0,7 oder 2,0 Millionen Litern Gülle aus Neviges? Wie fängt man eigentlich 1,3 Millionen Liter in "Behältern" auf?


April
Bevor man eine Hausnummer töpfert, häkelt, sprüht, schmiedet, steinmetzelt, den Nachwuchs mit Fingerfarben malen lässt oder ähnlichen Unsinn verzapft: Schaut euch diese vorbildliche Hausnummer an. Denn es macht Sinn, sich mit Kleinigkeiten zu beschäftigen. 
Man muss sich sogar mit Kleinigkeiten beschäftigen. Im neuen Gestaltungshandbuch für Neviges ist bald alles geregelt. Die Frage ist nur wann? Warum dauert alles immer so lange? Warum wird immer was angekündigt und dann kommt nichts? Vom "Masterplan Licht“ hört man auch nix mehr.

Mai
Die schönsten Wohnungen in Neviges sind für Menschen mit folgenden Voraussetzungen reserviert: Theologiestudium (beten, beten, beten und stets Gutes tun, Gutes tun, Gutes tun), keine Weibergeschichten, kein Porsche oder Maserati oder Klamotten von Armani oder Gucci. Die Platzreife im Golfclub, der Zutritt zur Senatorenlounge, der Goldene Wohnberechtigungsschen (also: Freundschaften zu höchsten Kreisen und Würdenträgern) zählen bei der Vergabe nicht die Bohne. Wer hier residiert, hat es geschafft. Für eine Wohnung in der Nähe zahlen Neunevigeser Unsummen.

Juni
Einmal im Sommer ist ganz Neviges auf den Beinen – die Ritter und ihre Damen sind da. Ein riesiges Spektakel mit seltsam sprechenden und gekleideten Menschen vor Schloss Hardenberg und eine gute Gelegenheit, Besucher aus ganz Deutschland zu treffen. Hier ein paar Fotos vom gestrigen Spätnachmittag.

Juli
Heute fließen Tränen aus der gedruckten WAZ. Abschied von Frau Lassen und Frau Utter aus der Nachruf-Redaktion der Zeitung. Die beiden Lieblingsbuchhändlerinnen verlassen Ende Oktober Neviges, weil Alexander Rüger bald die Filiale schließt. Unvergessen ihre Beratung, ihre Expertise, ihre Freundlichkeit und ihre Schaufenster, z.B.: Das Schaufenster der Lüste 2015. 

Damals hieß es hier im Neviges-Blog: 
Das Schaufenster der Lüste hilft schlappen Nevigesern und kopfschmerzgeplagten Nevigeserinnen auf die Matratzen. Roter Samt, hübsche Kerzen (Ral 3004), Gläser für Rotwein, der (vermutlich) gerade in der Mikrowelle auf Schlafzimmertemperatur gebracht wird. 

August
Wenn man älter wird, ändert sich alles: Die Haare fallen aus, die Schuhe werden beige, die Nächte werden kürzer, die Morgenlatte bleibt aus, das Bier wird alkoholfrei, das Essen wird matschiger, die Ärzte werden reicher. Wahrscheinlich stimmt einiges davon, aber was nicht stimmt, ist die oft beschworene Dummheit der Rentner. Wann immer die Obrigkeit etwas ankündigt, sind sie hellwach und denken aus Erfahrung: Das wird sowieso nichts, die tun die nur so. Beispiele? Besuchen Sie Schloss Hardenberg, den Pilgerparkplatz, die Mühle, den Rommelssiepen, suchen Sie den Masterplan Licht, sprechen Sie mal mit Uwe. Ein führender Politiker hat neulich zu Herrn Riedel, auch nicht mehr der Jüngste, gesagt (Thema ist jetzt egal): Da müssen wir hinschauen und die Entwicklung im Auge behalten. Gemeint war: Wir machen nichts. Wir warten ab.

September
Der Bunker an der Wilhelmstraße sieht jetzt aus wie eine frisch geschossene Feldmaus mit acht Einschusslöchern und etwas Puder von Elizabeth Arden. Schade für die Kinder, der Zoo ist weg, gut für Leute, die Dieter Rams Design verehren und bei allem Bunten in Schockstarre verfallen. Fazit: Gut gemacht. Feines Grau, erinnert ein wenig an die Klamotten von Jil Sander.

Oktober
Eigentum verpflichtet, aber nicht in Neviges. Wenn man bedenkt, wie pingelig, ja geradezu kleinlich die Stadtverwaltung mit Gastronomen und Einzelhändlern umgeht, die es mit unerlaubter Reklame übertreiben, kann man sich nur wundern, wie großzügig sie bei bepinselten Leerständen hinwegsieht. Bestes Beispiel: Der ehemalige Kiosk am Busbahnhof, der jedem auffällt, der nach Neviges kommt. Erster Eindruck: Künstlerstadt?

November
Jeder kennt den Mariendom von Gottfried Böhm, kaum jemand in Neviges spricht von Elmar Hillebrand († 8. Januar 2016), dem Kölner Bildhauer, der wesentliche Teile der Ausstattung des Domes beigesteuert hat. Die Mariensäule im Eingangsbereich (links) mit dem Gnadenbild, die Sakramentssäule hinter dem Altar (auch links) und der zentral positionierte Altar selbst, der an Schönheit und Schlichtheit nicht zu überbieten ist. Ein behauener Natursteinblock, der in der Nachmittagssonne glänzt wie kein anderer Teil der Ausstattung. Ein Meisterwerk. Bonders schön in Szene gesetzt wurde der Altar durch die Video-Sound-Instalation Pharus im November 2018.

Dezember
Das Tischgebet: Komm, Herr Jesus, sei unser Gast ...kennen viele Nevigeser gar nicht mehr. Scheint auch sinnlos, was soll der Herr mit Pommes-Mayo und Chicken McDingsbums anfangen? Mit den Fingern essen? Früher, als es noch Eintopf mit Bohnen, Mettwurst und Birnen gab (Rezept im Internet), saß er oft mit am Tisch und bekam auch immer einen Nachschlag. Die Älteren erinnern sich.