Früher war mehr los in Neviges. Die Damen trugen Bademäntel, die Herren applaudierten. Danach gings in die Waage oder ins Eiserne Kreuz, und alle hatten einen schönen Tag. Die Fotos sind übrigens sieben Jahre alt. Die Waage ist inzwischen zu, das Eiserne Kreuz ist inzwischen wieder auf.
7.5.22
Hans Niggemeier, Geschäftsmann und Bunkerbesitzer (hier ein Archivbild) hat plötzlich "viele neue Freunde". Kathrin Melliwa von der Waz hat ihn besucht und was Nettes geschrieben. Über die Freunde? Gibt es Namen? Unbekannt. Wie immer stehen wichtige Nachrichten der lokalen Berichterstatter (gilt auch für die Wz) hinter dicken Mauern, nämlich Bezahlmauern. Unter uns: Gemütlich (klicken Sie mal hier) ist es nicht.
Kurze Übersicht für die Holländer von gegenüber: Alles ruhig 46 Dezibel bei geöffnetem Fenster. Die Küsterin schläft noch oder frühstückt, die Malerin ist noch nicht da, die Buchhandlung ist auf, der Kiosk auch, die Doris hat noch nix aufgebaut (sitzt aber auch nicht mit Herrn Rimpel im Garten), und auch für Anna (zur Zeit im Kinderwochenende) gibt es gute Nachrichten: Die Mitarbeiter der Technischen Betriebe haben das Wildkraut vor dem Laden unten weggeblasen.
Frisst die Inflation Ihr Manager-Gehalt, Ihre Erbschaft, Ihr Bürgermeistergehalt, Ihr Bürgermeisterstellvertretergehalt oder gar Ihre Landtagsabgeordnetenbezüge auf? Muss nicht sein, Sie müssen nicht auf ein standesgemäßes Fine Dining in Neviges verzichten, nur weil es gerade ein wenig knapp ist in der Portokasse. Senf, Biowürstchen und Servietten von Netto, Kartoffelsalat vom Wochenmarkt, Glas von Manufactum, Inhalt von Frau Stellwag.
Gibts was Schöneres als im Café de Paris zu sitzen, Sympathy for the Devil von den Stones mit den weißen Ohrstöpsel von Apple zu hören (und zwar laut), ein Buch zu lesen und einen doppelten Espresso vom Monsieur zu schürfen? Nein. Auch nicht in Düsseldorf. Noch was zu loben? Ja: Das Glasfaser-Internet von den Stadtwerken. Reicht vom Kirchplatz bis zum Café.
6.5.22
Mal eben schnell einen Kaffee beim Ali trinken, weil der Bus nach Velbert mal wieder ausgefallen ist. Beruhigt die Nerven, wenn man gerade einen Termin versiebt hat. Und sonst? Wer mal eben vor dem Backtreff sein Auto abstellt, riskiert ein Hupkonzert vom Busfahrer. Der könnte einfach vorbei fahren (Platz ist da), macht er aber nicht. Warum? Darum.
Souhaila El Ghanou, Ratsmitglied und Kreistagsmitglied der Velberter Spd (und Wahlkampfmanagerin von Cüneyt Söyler), war gestern in Neviges und hat sich für bezahlbaren Wohnraum vor Ute Meulenkamps Laden stark gemacht. Danach war sie mit ihren Genossinnen zum ersten Mal im weltberühmten Mariendom. Die Politikerin: Velbert ist schön, Langenberg ist schön, Neviges ist schön (gemeint war vermutlich: Neviges ist wunderbar). – Und sonst: Riesenandrang am Gemüsestand.
So kann mans aushalten: Feinstes Wochenmarktwetter, ein leckeres Wackelpudding-Eis, ein Espresso mit acqua frizzante hinterher, die Sorgen und Nöte für kurze Zeit vergessen, auch die Rückenschmerzen, Freunde treffen: Herrlich. Wie schreibt Dascha (69 Follower) so schön auf Insta: Ich genieße mein Leben in vollen Zügen, so wie Kontroleure. – Fußgängerzone vor der Matratzenpassage.
Ex-Elektrofrau (und Künstlerin) Brigitte hat neu dekoriert. Zu sehen ist zum ersten Mal Nix. Nicht mal eine Lüsterklemme oder ein Röllchen Isolierband auf einem kleinen Marmorsöckelchen. Absolut Nix. Eine Hommage an Wolfgang Fritz Haug, dessen Gedanken nach 68 nichts von ihrer Aktualität verloren haben? Gut möglich. Oder gehts um Malewitsch berühmtes Quadrat in doppelter Ausführung, nur eben in heller? Sehr viel heller? Unbekannt. Aber: Großartig. Zwei weiße Tücher, nicht datiert, nicht signiert. – Fuzo.
Edit: Siehe auch hier.
5.5.22
Die schöne Griechin steht beim Nico im Alten Bahnhof. Wer gucken will: Hinterzimmer. Eintritt nix, montags zu, wie jedes Museum auf der Welt, bester Biergarten der Welt, schönste Kirche der Welt (vom Biergarten aus sichtbar), bequeme Stühle, reichlich Aschenbecher, eigene Wiese, eigener Parkplatz, internationale Küche, keine Politiker, viele Schiedsrichter (die einen pfeifen für Bayern, die anderen für Schalke oder Dortmund), viele Stammgäste. Tipp: Frikadellen im XXL-Format.
Leben wie Gott in Italien: Frittierter Rucola im Parmesan-Körbchen, toskanischer Landschinken ..., ein Gläschen oder mehrere und so weiter. Wo? Ristorante Paciello (mit angeschlossenem Hotel, falls es mal länger und feuchter wird). Lu patrunu Paciello macht übrigens den allerbesten Espresso im Dorf. Eigener Parkplatz, toller Biergarten, zentrale Lage am historischen Kirchplatz. – Nähe Franzosenkloster. Link hier.
Foto (bearbeitet) Hotel Kimmeskamp
4.5.22
Kaum zu glauben, was Leute in die Fußgängerzone stellen und verschenken: Spanplatten, Tischlerplatten und Multiplexplatten sind nämlich teuerer geworden. Die Preise haben sich teilweise verdoppelt. Sperrholz ist knapper als Sonnenblumenöl. Teppich raus und Laminat drauf? Ein Fehler, der richtig ins Geld geht. Fehlt sonst was? Ja, Straßenschilder. A fürs Tempolimit. B im Rommelssiepen. Einfach vergessen worden. Ein Anwohner: Alles Klöngelsköppe bei den Behörden. Oder meint er Klüngelsköppe?
Falls Euch der Wodka ausgeht und Ihr Euch schämt, vor dem Giftschrank am Pullenregal im Netto beim Einkaufen russischer Stimmungsaufheller gesehen zu werden: Der Kiosk neben dem Café de Paris hat noch reichlich, und diskreter ist es auch.
Edit: Trink, Brüderchen Hugo, trink, aber den Linken auf dem Foto. Der kommt zwar auch nicht aus Russland, aber aus der Nähe.
So ein persönlich geführter Kalender mit tagebuchähnlichen Eintragungen hat durchaus Vorteile, wenn man älter wird und doch so einiges vergessen hat. Beispiel heute vor 10 Jahren: Klinikum Niederberg. Brot schmeckt wie Tischlerplatte. Und sonst? Mittagsschlaf ist gut, sagen die Ärzte, Nachmittagsschlaf ist besser, sagen die meisten Nevigeser Händler und Dienstleister, und zwar mittwochnachmittags. Klassischer Fall von Win-Win-Situation: Die Händler können pennen, die Einwohner können kaum Geld verplempern.
Die ersten beiden Hähnchen aß sie im Auto. Mit dem dritten und vierten fuhr sie in ihre Wohnung, deckte den Tisch, telefonierte mit der Tante, aß die Hähnchen und war kurze Zeit später wieder unterwegs: Hähnchen holen. Diesmal drei. Eins für die Tante, eins für die Cousine und eins für sich. Als die Tante nicht kam, aß sie alle drei. Und dann? Kam die Tante. War ihr schlecht? Noch nicht. Nach elf Hähnchen, elf ganzen Hähnchen, war Schluss. Sie legte sich ins Bett und wartete zwei Tage ab. War ihr jetzt schlecht? Ja. War sie beim Arzt? Nein. Was hätte ich ihm sagen sollen? Ich habe mich geschämt. Wofür? Blöde Frage, sagt sie, elf Hähnchen, der hätte mich eingeliefert. Und heute? Ich kann dem Geruch nicht widerstehen. Immer noch nicht. Aber mehr als ein halbes Hähnchen schaffe ich nicht. Zwei halbe vielleicht. Höchstens drei. Dann reicht’s. Norbert Molitor: Im Kaff der guten Hoffnung. Piper Verlag
Berühmt durch Pina Bausch, Gerhard Richter und Manufactum. Der Frankfurter Küchenstuhl vom Sperrmüll in Neviges. Viele Sammler (Foto unten) schätzen seine Wertbeständigkeit, seine zeitlose Ästhetik und seine Bequemlichkeit. Passt gut zu Leuten, die noch kochen und keine Fertiggerichte essen. Außer mittwochs, da ist Hähnchentag im Bahnhofsviertel. – Obere Elberfelder Straße.
3.5.22
Man muss gar nicht barfuß rumlaufen, wenn die Schuhe kaputt sind. Es gibt nämlich einen Schuster in Neviges. Kennen Sie vielleicht gar nicht, wenn Sie nur Turnschühchen oder andere zusammengeklebte Treter besitzen, die nach 4 Monaten in der Tonne landen, aber wenn Sie ihn kennen, sind sie weiterhin gut aufgehoben. Die Verkaufsanzeige bei eBay-Kleinanzeigen ist ein übler Scherz, den sich ein Typ aus Heiligenhaus erlaubt hat. Also: Unser Schuhmacher (das ist die korrekte Bezeichnung) macht weiter. Und das bekanntlich sehr gut.
Apropos Schönheit: Es gibt viele schöne Ecken und Viertel in Neviges. Hier zum Beispiel. Hübsch angemalte Mauer vor dem Hbf (Bild oben), und Mauer pur gegenüber (Bild unten). Wenn man die Straße runtergeht, kommt man ins Fachwerkhausviertel, das gerade „entwickelt“ wird. Muss man sich Sorgen machen? Sollte man.
Johannes Schröer vom Domradio war letztes Jahr in Neviges. Da war noch mehr Corona, ist aber dennoch lesenswert – und vor allem lesbar. Man ist ja froh, wenn sich Texte über Neviges nicht hinter Bezahlmauern verstecken und man seine Zeit nicht mit Reklame vergeudet. Dass auf diesem Blog der Mariendom ziemlich oft vorkommt, liegt nicht am Glauben des Autors (der ist vor zwei Jahren vom Glauben abgefallen), sondern an seiner Liebe zum Beton. Hier gehts zum Text.
Foto: Gnadenbild (3 Euro), Privatbesitz
Wo ist denn euer Brunnen?, frage im Herbst ein Journalist aus Berlin, und irgendwer sagte: Sie stehen drauf. Dann haben alle gelacht und das Thema war vergessen. Man hätte diesen Platz und das Umfeld auch in schön machen können, meinte Sonntag ein Architekt und schickte gestern einen Link. Gucken Sie mal.
2.5.22
Die unendliche Reise eines Fisches heißt das Gesamt-Kunstwerk aus Fotomontagen, Skulpturen und einem Video von Karola Teschler, das im Rahmen der Neanderland Tatorte am Wochenende in Neviges in ihren Räumen gesehen werden konnte. Der Fisch beginnt seine Reise in den Tiefen des Ozeans und erlebt eine tragische Verwandlung als Hemdchentüte aus Kunststoff (kennt man vom Mesut) und endet auf einem Silbertablett ...
Wolfgang Brenner (bekannt durch seine feinen Installationen, gucken Sie mal hier) zeigte Arbeite der letzten Jahre, auch frisch gesiebtes Geld (Foto ganz unten). Beeindruckend: seine engagierten Positionen aus Fotografie, Malerei und Drucktechniken (oft alles übereinander), bei denen auch alltägliche Druckvorlagen, zum Beispiel Gardinen oder Apfelsinennetze Verwendung finden.
Der renommierte Architekur- und Böhm-Experte Steffen Kunkel führt am Sonntag, 8. Mai (Muttertag) durch den Mariendom. Gute Gelegenheit, mit Kind und Kegel mal wieder das berühmte Gebäude in Neviges zu besuchen. Eintritt nix, also sehr günstig, Treffpunkt um 16 Uhr am Franziskusbrunnen vor dem Kloster. Frage vorab an Herrn Kunkel: Hat Elisabeth Böhm, Ehefrau von Gottfried Böhm, am Dom mitgewirkt? Und wenn ja, in welchem Umfang? Foto (bearbeitet): Mariendom
Wie wars? Voll, rappelvoll, wie ewig nicht mehr. Viele von außerhalb und viele im Sparmodus. Da wurde nicht gefragt: Was kostet das?, sondern: Was soll das kosten? Und dann? Wie bei eBay-Kleinanzeigen, die Preise halbiert. Nervig, meinten mehrere Händlerinnen. Was gut war: Kein Gastronom musste die Außenplätze reduzieren oder gar räumen, Sie erinnern sich. Im September folgt der Trödelmarathon, und damit ist die Frage, wie gehts weiter mit den Spitzenvertretern der Werbegemeinschaft? auch schon beantwortet. Die Alten bleiben erst mal. Schwierige Angelegenheit, die Verantwortung in jüngere Hände abzugeben. Scheiden tut weh, auch im Portmonee, könnte einer der Gründe sein.
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