In Velbert sind angeblich zwei Briefkästen der Deutschen Post AG eine Woche lang nicht geleert worden. Insofern: Alles was wichtig ist, besser persönlich bei Vera in der oberen Elberfelder Straße (neben dem Hundefriseur) abgeben. Sicher ist das auch nicht, wenn es zum Beispiel um Terminvorgaben vom Finanzamt oder um ein Treffen mit dem Bewährungshelfer geht. Die Post läuft inzwischen schneckentempolahmer als früher mit Kutschen. Von Essen nach Neviges wird von 4 Tagen berichtet.
14.11.22
Schon mal versucht in Neviges einen Zeichenblock zu kaufen? Gibts nicht. Kein Wunder, dass die Künstler zu immer kleineren Formaten greifen, die sie früher für Einkaufszettel nutzten oder andere nichtkünstlerische Äußerungen, wie beispielsweise: Bitte nicht rauchen (im Schlafzimmer) oder bitte nicht öffnen, es zieht (am Fenster). Das Werk: "Sitze unbequem, aber immerhin im warmen Griechenland", 6 x 6 cm groß, Arbeitszeit: Rund 90 Sekunden, gibt es in unzähligen Variationen, auch in größer.
13.11.22
Sachen gibts: sonst stehen da schon mal Flaschen drauf und im Schlitz passt nix mehr rein. Liegt vermutlich am Wetter, diese Fröhlichkeit der Leute. Wer gucken oder haben will: S9 oder Buslinie 649, 647 und 627. Oder rennen bis Neviges Markt. Hinweis: Das Foto von Ute (bearbeitet) ist von 11 Uhr 42 …
Und?
Bin bei den Enkelkindern
Ist dein Typ traurig, wenn du weg bist?
Ne, der freut sich: Endlich ungesundes Zeug essen
Zum Beispiel?
Schmierwurst von Netto und Dosenscheiß …
Pichelsteiner für 99 Cent?
Ja, sowas. Nur teurer inzwischen, wie alles
Alles?
Cola: 30 Prozent, besteht das Zeug nicht aus Wasser? Oder Toastbrot. Die kleine Packung ist inzwischen teurer als früher die doppelt große. Schmeckt übrigens immer noch nach Pappe
Wenn die Liebe geht, kommen die Menschen auf komische Gedanken. Sie verkaufen das Haus, kaufen ein großes Auto, ein noch größeres Mobiltelefon, stürzen sich in die Arbeit, in Schulden, in ein Abenteuer, hören Wagner statt Mariah Carey, putzen das Badezimmer, das Auto, wandern mit Skistöcken durch die Stadt, wandern aus, gehen zum Frisör, nehmen Valium, gehen zur Beichte, verlassen den Freundeskreis, lesen Proust, gucken Pornos, räumen die Wohnung um, bringen sich um, nehmen ihr Festnetztelefon mit ins Badezimmer, finden alles prima, finden alles scheiße. Das ist in Hamburg nicht anders als in Düsseldorf oder Stuttgart. Aber wie ist das im Kaff, wo jeder alles mitbekommt? Was kann man machen, wenn alles aus dem Leim geht? Sich verkriechen? Neu anfangen? Alles wieder aufwärmen? In die nächste Disco? Ein Projekt starten? Gute Idee. Etwas machen, was vorher nicht möglich war? Besser!
Mittwochs ist Hähnchentag in Neviges. Kleiner Verkaufswagen mit Grill und Kühlvitrine für Krautsalat, ein Hähnchenmann, viele Stammkunden, gute Lage am Parkplatz im Bahnhofsviertel. Ganze Hähnchen, halbe Hähnchen und Hähnchenkeulen zum Mitnehmen. Wenn Anna den Wagen sieht, atmet sie durch. Sie war jung, als sie heiratete, und sehr glücklich. Und sie bemerkte erst später, dass ihr Mann – etwas älter als sie, fester Job, grüne, grasgrüne Augen, dunkle Haare, etwas kleiner als sie, guter Liebhaber – ein Arschloch war. Blöd bloß, dass sie verliebt war. Hochzeit mit neunzehn, eine Tochter mit einundzwanzig, die zweite mit zweiundzwanzig, größeres Auto, größere Wohnung, Urlaub in Italien, besserer Job mit Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld und Überstundenzuschlägen, mehr Verantwortung, weniger Zeit für die Familie, keine Zeit für Anna. Er der Chef, sie die Hausfrau. Er wurde komisch, geizig, misstrauisch und eifersüchtig auf alles, was sie schön fand – sie machte alles, was er wollte. Sie wollte reden, er wollte nicht. Sie war sein Eigentum. Sie ging weg, er holte sie zurück. Sie ging noch mal weg und war bald wieder da. War das alles für sie? War das gut für sie? Es ging ihnen nicht schlecht, »wenn er nur nicht so geizig gewesen wäre«. Wenn sie heute davon erzählt, ist alles längst vergessen. »Wir hatten keine schlechte Zeit«, sagt sie, »mein Mann hat für uns gesorgt, und ich habe gemacht, was er wollte. Geputzt, gebügelt, die Kinder großgezogen, gekocht und – gespart.« Es gab sonntags einen Braten, danach einen Spaziergang zum Schloss. Ein Bier für ihn, eine Limo, die sie sich mit den Mädchen teilte. Kein Kinobesuch, keine Disco, kein Strauß Blumen, keine Geschenke. Es gab nix mehr von ihm, als die Kinder da waren, und schon gar nix außer der Reihe. Nie ein Eis, selten eine Pizza, die sie allerdings nie für sich alleine hatte, bloß Besuche bei der Tante, Fernsehen auf dem Balkon, früh aufstehen, die Kinder fertig machen, das Frühstück für ihn machen, einkaufen, waschen, kochen, auf ihn warten. Das war’s. Er war müde, wenn er kam. Sie war hellwach. Das Essen stand auf dem Tisch, die Wohnung war aufgeräumt, um acht lief die Tagesschau, und um neun waren sie im Bett. »Ich lag stundenlang wach«, sagt sie, »und träumte von Hähnchen. Von einem halben, frisch gegrillten Hähnchen, ganz für mich alleine.« Wenn ihr Mann, was selten passierte, eins mitbrachte, kriegte sie wenig ab. »Den Schenkel bekam er, die Brust war für die Kinder, für mich blieben nur der Flügel und die Knochen.« Und der Duft. Es war vor allem der Geruch, der sie anzog, als der Hähnchenmann seinen fahrbaren Laden aufmachte. Dieser süße Geruch nach verbranntem Fleisch und Paprika.Ging ihr Mann fremd? Vielleicht. Hatte sie einen anderen? Nein. Er war ihre erste große Liebe oder was sie dafür hielt.Irgendwann war Schluss. Endgültig Schluss. Er musste die Wohnung verlassen – sie fuhr zum Hähnchenmann.
Die ersten beiden Hähnchen aß sie im Auto. Mit dem dritten und vierten fuhr sie in ihre Wohnung, deckte den Tisch, telefonierte mit der Tante, aß die Hähnchen und war kurze Zeit später wieder unterwegs: Hähnchen holen. Diesmal drei. Eins für die Tante, eins für die Cousine und eins für sich. Als die Tante nicht kam, aß sie alle drei. Und dann? »Kam die Tante.« War ihr schlecht? »Noch nicht.« Nach elf Hähnchen, elf ganzen Hähnchen, war Schluss.Sie legte sich ins Bett und wartete zwei Tage ab. War ihr jetzt schlecht? Ja. War sie beim Arzt? Nein. »Was hätte ich ihm sagen sollen? Ich habe mich geschämt.« Wofür? »Blöde Frage«, sagt sie, »elf Hähnchen – der hätte mich eingeliefert.« Und heute? »Ich kann dem Geruch nicht widerstehen. Immer noch nicht. Aber mehr als ein halbes Hähnchen schaffe ich nicht. Zwei halbe vielleicht. Höchstens drei. Dann reicht’s.« Norbert Molitor: Im Kaff der guten Hoffnung. Piper Verlag.
Guckt mal: Vier Tage alt und schöner als zuvor. Liegt wahrscheinlich an Zimmertemperatur und Fastfrühlingswetter: Orangenrosabeigegelblich mit Grünzeug, wie frisch aus dem Gemüsefach. Und sonst? Uwe hat auf.
12.11.22
Sankt Martin Empfang in der Glocke. Lauter feine Leute aus Neviges (auch von weit her), staubtrockener Sekt in Champagnerqualität, allerlei Besonderes zum Knabbern (man merkt auch an solchen Sachen inzwischen den Unterschied zu den Franziskanern), schön warm, keine Musik (Musik ist nix, wenn man miteinander reden will). Kurzum: Schön. Merci!
Edit: Die Neuen, hört man so, sind „angekommen“ in der Gemeinde und der Große hat einen neuen akademischen Titel. Das Buch zum Titel, 544 Seiten, kann man hier schon, vermutlich auch bei Rüger (immer besser und schneller) bestellen: 48 Euro.
Ohne Gastwirte mit Migrationshintergrund gäbe es in Neviges keine Latte, keine Spaghetti (auch nicht die kalte Version mit Erbeersoße), keine Currywurst mit Pommes Mayo, keine Lammkotelets mit Knoblauch, keine Fußballübertragungen, kein Espresso, keinen Primitivo, keine Entensüßsauer, keine Döner, keine Gyros, keine Bigos, keine Bauernsalate mit Käse, keine Pizza und keine Grappas oder Ouzos hinterher. Es gäbe nicht einmal ein freundliches Wiegehtsallesklar? außer beim Mesut.
11.11.22
Kapriolen-Wetter-Rolle rückwärts: Uwe Binder macht Samstag und Sonntag noch einmal seinen Minigolfplatz auf und wirft Sonntag sogar seinen berühmten Grill für seine hochgelobten Würstchen an. Jeweils 11 bis 18 Uhr. Gibts was Schöneres? Nö. Vielleicht ein Weizen zum Würstchen? Oder ein Würstchen zum Weizen? Oder ein Spielchen auf Deutschland schönster Anlage?
Achduliebefrühlingswetterzeitimnovember. Da steht er, der Pracht-Weihnachts-Baum auf der Sprudelplatte, etwas versteckt hinter den winterlichwarmen Klamotten von fleißigen Näherinnen aus fernen Ländern, rundum gut gewachsen, kerzengerade (war nicht immer so, erinnern Sie sich?) und sogar schmuck- und verzierungsfrei, wie die Natur ihn geschaffen hat. Vielleicht bleibt er so. Sieht gut aus.
10.11.22
Wolfgang Schwarze ist tot. Unser Lieblingsmensch vom Wochenmarkt ist nach einem Schlaganfall und kurzem Klinikaufenthalt in Wuppertal Barmen friedlich im Kreis seiner Familie und seiner Frau Hanna eingeschlafen. Herr Schwarze wurde rund 80 Jahre alt. Sein Reibekuchenstand war der (!) Donnerstagstreffpunkt der „Dorf-Prominenz“. Er wollte kürzer treten vor ein paar Jahren: „Man wird nicht jünger“ erzählte er allen …
9.11.22
Denkwürdiger Tag. Ein Datum mit Geschichte. Auch in Neviges waren vor gar nicht so langer Zeit Menschen betroffen, vielleicht mehr als viele vermuten. Hier ein Foto (aus dem Stadtarchiv?) von einem der bekanntesten öffentlichen Bauten der Stadt und ein weiteres (auch) von der Wilhelmstraße. Das oberste Foto wurde für die Verlinkung in Soziale Medien „bearbeitet“.
8.11.22
Wo war das?
Italien. Milano. Ein paar Jahre her
Und sonst so?
Nix sonst so … Wie immer: Sehnsucht
Aua. Was machst du?
Häkeln
Gegen Sehnsucht?
Meine Oma hat früher beim Plätzchenbacken Puccini-Arien gesungen
Dov'era?
Italia. Milano. Qualche anno fa
E cos'altro?
Nient'altro... Come sempre: nostalgia
Ahi. Cosa stai facendo?
Uncinetto
Per nostalgia?
Mia nonna cantava le arie di Puccini mentre preparava i biscotti
Italia. Milano. Qualche anno fa
E cos'altro?
Nient'altro... Come sempre: nostalgia
Ahi. Cosa stai facendo?
Uncinetto
Per nostalgia?
Mia nonna cantava le arie di Puccini mentre preparava i biscotti
Fast jeder in Neviges kennt ihn durch die Ukrainehilfe im ehemaligen Gassmann-Gebäude, jetzt hat der WDR Gero Sinha mit dem „Ehrwin des Monats“ ausgezeichnet. Der Mann mit den zwei Vollzeitjobs engagiert sich seit Jahren in der Integrationshilfe und hilft Menschen beim beim ersten Schritt in ein neues Leben. 2015 hatte er die Idee, eine Combo zu gründen, damit Menschen aus vielen Nationen zusammenkommen und gemeinsam musizieren. Foto (bearbeitet): Privat/Supertipp
7.11.22
Wochenmarktklassiker in Neviges: Keine vorgewaschene Jeans, sondern gelogen wie gedruckt. Strumpfhose, unbequemer Röhrenschnitt, Einheitsgröße 34 bis 72, oder bis sie platzt. Untere Fußgängerzone. Mesut diese Woche: Die Textilhändler nerven mich. Jeden Donnerstag muss ich die liegengelassenen Kleiderbügel vor meinen Laden einsammeln.
Wussten Sie, dass im Mariendom von Gottfried Böhm ursprünglich keine Stühle stehen sollten?, später dann doch, und zwar kreuz und quer aufgestellt. Lags am Geld damals? Ungeklärt. Ungeklärt auch, warum die erste Reihe bei größeren Veranstaltungen, zum Beispiel Heiligabend, oft (eigentlich immer) freibleiben.
5.11.22
Nicht traurig sein, Frierhippen. Ist zwar kälter geworden (heute rund 11 Grad in der Fuzo und 16 Grad im Schlafzimmer), aber wie immer gibt es eine Lösung. (Dieses Foto, vermutlich ein Kunstwerk, wurde von einem Leser aus Tönisheide geschickt. Frage: Wer hat sachdienliche Hinweise zum Handarbeiter?) Foto bearbeitet
Erinnern Sie sich? Erschossen, gerupft, gestopft, gebraten, mit Rotkohl gegessen oder in gute Hände geflogen. Egal. Tatsache ist, die Gänse vom Schlossteich in Neviges waren plötzlich weg. Der Fall ist nie aufgeklärt worden, obwohl man über einen Feinschmecker munkelte. Herr Wulfhorst sprach damals von einer Sauerei.
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