21.6.21






Hier werden gerade Häuser im Bahnhofsviertel flachgelegt. Günstiger Zeitpunkt, die Leute haben andere Sorgen. Und was Investoren wollen, dürfen sie auch. Noch was zum Thema? Nicht jetzt. Man soll den Mund halten, wenn man schlechte Laune hat.

Edit: Der Abriss bewegt. Fünfzehn E-Mails sind seit gestern eingegangen, das sind mehr als üblich, und es gibt Vorwürfe in alle Richtungen. Die Mehrzahl der Verfasserinnen und Verfasser wohnt nicht in Neviges. Mehrfach der Satz: „Neviges schafft sich ab“ und die Frage: „Gehts nur noch um Geld?“ und mehrfach die Antwort: „Es geht nur noch um Geld“. 



Hier gehts zum Eis, zum Matratzenlager, zum Back- und Tiefkühl-Shop (Eröffnung bald), zum Biergarten pur (ohne Grünzeug) und zur Fußballübertragung mit vielen nationalen und internationalen Stimmungsaufhellern. – Die City-Passage, früher ein Sorgenkind, ist inzwischen komplett vermietet.

Wie gemalt: Ein Biergarten, Der Biergarten in Neviges. Großer Parkplatz, Dach für Fahrräder und Kinderwagen, internationales Personal, große Wiese zum Tanzen, eigene Schalterhalle und neuer Koch aus Italien. Bester Tag: Freitag, Samstag, Sonntag. Berühmtester Gast: Angeblich Otto Rehhagel.

Was ist denn hier los? Rockkonzert? Live-Auftritt von Lukrafka? Jahreshauptversammlung der Nevigeser Werbegemeinschaft? Stadtratsversammlung mit Ehefrauen und Ehemännern und allen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen? Papst da? Handke-Lesung? Anmeldung zur Weiterbildung im Gassmannhaus? Falsch, alles falsch. Neviges ist eine Pilgerstadt, mehr wird nicht verraten. Foto (bearbeitet): Marienwallfahrt

20.6.21

Was soll man zu diesen Bildern schon schreiben? Früher war alles besser? Macht wenig Sinn, weil früher nix besser war. Es gab beispielsweise keine Pizza, es gab nur viele Dauerwellen, Stöckelschuhe, und die Kinder mussten ihre Kommunions-Sachen jahrelang auftragen: Die Mädchen Minihochzeitskleider, die Jungs weiße Kniestrümpfe und Lackschuhe. Samstags musste man beichten, sonntags musste man in den Zoo.


Immer nah, immer da, wenn irgendwo nix oder gar nix los ist, manchmal verkehrt rum (Foto unten), aber was schert das, wenn die Ordnung, die Sicherheit, die Zettel, die Masken oder die Anliefer-, Raser- oder Parkerrei in der Fuzo überprüft werden müssen. Tolle Truppe, vor der man keine Angst haben muss, wenn man brav und lieb ist. (02051-262500. Montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr.)

Eine von uns: Liebevolle nonna, großartige Köchin, geborene Italienerin, Limo-Trinkerin, Künstlerin, Philosophin, und nicht immer brav und lieb und nett und fromm, was man beim Anblick des Fotos erwarten könnte. Lieblingsorte: Wülfrath (jedes zweites Wochenende) und San Pietro in Bevagna. Glück, sagte sie mal, ist, wenn mein amore mich vom Bus abholt. Das hätte Kant, Hegel, Schopenhauer und Marx nicht besser ausdrücken können. Foto: Mariendom

Der Stuhlkreis im Rathaus hat eine Bank spendiert. Eine (man hatte sich mehr versprochen, bei den vielen Alten und Müden), aber immerhin wurde ein Wahlversprechen gehalten. Hübsch, grün, schnell trocknend, wenn es mal regnet, hart, aber sehr bequem. Bequemer als jede andere Bank im Dorf. – Obere Fuzo.

19.6.21

Einer von uns: Einhundersechsundneunzig Zentimeter lang, liebevoller Papa, guter Zapfer, Em-, Wm- und Bundesliga-Kinobetreiber, Koch, Chef, immer gut gekleidet, immer gut gelaunt, was man vom Vorgänger, dem Tassos, nicht immer oder jeden Tag sagen konnte. Viele Stammgäste: Polizisten, Griechen, Gitarristen, Philosophen (Spezialgebiet Fußball), Pilger (einmal im Jahr, aber immerhin). Und: leckere Spieße. Einziger Ehrengast ist angeblich Otto Rehhagel.


Die Ästhetik-Polente der Denkmalschutzbehörde war da: Die Reklame in Rotlichtviertelrot muss weg, jetzt soll (muss) alles schwarzweiß-grau werden, wie das Grau einer frischen geschossenen Feldmaus. Sonst was los? Ja um 18 Uhr. Anpfiff im Alten Bahnhof.

Apropos Aufenthaltsqualität: Anliefern darf man ja jetzt zu jeder Tageszeit. Und was man darf, macht man auch, auch wenn es hinter der Passage eine Laderampe gibt. Eiscafé links, Matratzenlager rechts.


Das Café Monsieur M kriegt einen neuen Namen: Café de Paris oder (man googelt noch nach einer geeigneten Schreibweise) Café de Pari. So bleibt alles très français wie bisher, nur eben unter neuer Leitung.
Der Vermieter der Top-Immobilie ist mit der Behörde im Gespräch, die einen Teil der Miete übernimmt. Typische Win-win-win-win-win Situation, von der alle was haben: Stadt, Vermieter, Mieter, Gäste, Finanzamt.

18.6.21

Einer von uns: Guter Typ, liebevoller Vater, zärtlicher Liebhaber (vermutlich), stets bestens gelaunt, sehr gut aussehend, durchtrainiert und kräftig, ausgesprochen charmant und immer für alle am Ofen, außer samstags, da ist er mit seiner Göki in Paris oder Brüssel.

Mehr braucht man nicht, um gut durch den Sommer zu kommen. Ein paar gute Bücher (Laden rechts), ein paar gute Flaschen (Laden links), frischer Salat vom Mesut (nicht im Bild, kennt eh jeder), ein fesches Kleid von Simone (kennt auch jeder) und gutes Wetter (ist bereits da).


Ist das noch ein Fahrrad (Foto von gestern)? Und war das schon ein Auto (Foto von 2010)? Beide wunderschön. Man sieht deutlich, wie die Kirche sich inzwischen verändert hat. Geblieben ist der Klang der Glocke und das Internet in einigen Häusern am Kirchplatz. War damals schon scheiße.

Reichlich Gold / Erfrischende Bildsprache. Der Kurator der Vorhang-Galerie in Neviges meldet sich mit diesem sommerlich-heitereren Werk im kleinen Format zurück und lässt den Betrachter bei der Betrachtung allein. Kein Name des Künstlers, kein Titel des Werkes, kein Hinweis auf das Entstehungsjahr, nichts soll ablenken beim Kunstangucken pur. – Nähe Kirchplatz im Herzen der Altstadt.

Na gut, wenn man schon keine oder kaum Deutschland-Fahnen heuer in Neviges sieht (früher hingen mehr rum), betrachten wir diese hier. Und? Kommen Gefühle auf? Wenn nicht: Üben: Die Liebe zur Ballkunst ist genau so schön, wie die Liebe zu Neviges.

Anpfiff morgen: 18 Uhr. Alter Bahnhof. 

17.6.21

Oh Gott, oh Gott, das glaub ich nicht,
Was mir da grad ins Auge sticht.
Die ist doch nicht von dieser Welt!
Ich frage mich, was mich noch hält.

Hauchdünn, italienisches Mehl, Bioolivenöl, Doppelscampis, Biospinat , Dreifachknoblauch und komplett vorgeschnitten. Wozu stundenlang am Herd stehen, wenn Ali vom Busbahnhof und die anderen dieci amici im Dorf einen guten Job machen? 
Text (bearbeitet): Tic Tac Toe

Einer von uns: Astreiner Schachspieler, toller Papa, guter Ehemann, stets gut gelaunt, sehr gut aussehend, ausgesprochen höflich, und wer beim Fußball gewinnen könnte, weiß er auch oft. Die besten Männer trifft man beim Mario, im Café gegenüber und beim Mesut – und nicht beim Spatenstechen oder am Video-Set.


Viele Einwohner sind grundsätzlich stinksauer und zeigen ihren Unmut schon beim Aufstehen. Wogegen sie anstinken, ist egal, weil es viel zu viele Gründe gibt. Einfacher Stinkefinger, doppelter Stinkefinger und mittlerweile auch dreifacher Stinkefingerfinger, eine unerfreuliche Entwicklung. Dem einen ist es zu süß, dem anderen ist es zu kalt, dem nächsten ist es zu laut, zu nass, zu langweilig, zu anstrengend und so weiter, Hauptsache mosern. Heute, nur ein Beispiel, wird es zu warm.