8.3.21

Direkt neben Marios Eisdiele befindet sich der Pizza Shop in Neviges, der aus privaten Gründen wieder einmal abgegeben wird. Ablösesumme unbekannt, Miete 1600 Euro monatlich. Alles Weitere bei eBay-Kleinanzeigen.

Nix kann, alles muss oder Alles muss, nix kann, kurzum: man kommt völlig durcheinander, wenn man heute den neuen Öffnungsfahrplan allerhöchster Regierungskreise mit den Öffnungszeiten in der Nevigeser Fußgängerzone abgleicht. War immer schon kompliziert, aber jetzt wirds echt anstrengend. Immerhin kann man ab heute wieder ins Museum. Zwar sind die montags zu, aber man kann.

Zum Weltfrauentag ein Schnellvideo von Frau Anna Molitors Treppenhaus-Ausstellung im Nevigeser Künstlerviertel. Warum Neviges Künstlerort und Pilgerort und nicht Künstlerinnenort und Pilgerinnenort heißt ist nicht bekannt, warum Künstlerinnenort und Pilgerinnenort von der Rechtschreibkorrektur rot unterstrichen wird, auch nicht. 15 Sekunden. Kamera: Andreas Stock.

Obwohl in Neviges einiges falsch läuft, sprechen viele Einwohner Probleme selten an. Unnötige Projekte, Kulturstillstand (Schloss kaputt), kaum Service, viel Leerstand, zu wenig Pilger und Touristen, schwachsinnige Neubauten, und das Wetter wird heute auch nix. – Privat (Foto) läuft vieles besser.

7.3.21



Mehr Geld macht doch glücklicher. Und zwar Mieter und Vermieter. Mieter, weil sie das Gefühl haben, etwas Gutes zu mieten, Vermieter, weil sie mehr Geld haben und nie an den Unglücksblödsinn geglaubt haben. Zur Zeit kostet der Laden in bester Nevigeser Kleinanzeigen-Lage netto 500.


Die neue Serie Auseinanderstehn-Aufwiedersehn auf diesem Blog beginnt heute mit einem wunderschönen Foto von Dirk Lukrafka und seinen Managerinnen auf der Sprudelplatte. Toll, dass der vielbeschäftigte Chef der Verwaltung sich die Zeit nimmt, Neviges zu besuchen, obwohl er drei fotogene Stellvertreter für solche Termine hat. Bild unten zeigt Mesut und Anna, die auch nett aussehen und sich gut verstehen. Foto oben (bearbeitet): Stadt Velbert

Edit: Die Serie heißt Auseinanderstehn-Aufwiedersehn, weil alle Fotos gestellt sind und die Akteure sich danach schnell wieder trennen oder sonst was machen. Anna, zum Beispiel, hat Gemüsesuppe gekocht.

Wie schräg ist das denn? Weltberühmter Pilgerort und seit Jahren keine Anlaufstelle für Touristen mehr. Moment! Keine Sorge! Gibts bald wieder! Wird aber dann als Innovation verkauft! Sonst was zu loben? Ja Wulfhorsts 50 Gönner-Verein, der plötzlich wieder aufgestanden ist aus dem Tiefschlaf. Wird Zeit für den Frühjahrsputz.


Einmal im Jahr verteilen die Parteien in Neviges hartgekochte Eier an die Wählerinnen und Wähler; bald ist es wieder soweit. Die CDU steht immer oben vor der Apotheke, die SPD steht immer unten vor Utes Ex-Laden. Wenn die Grünen mitmachen, stehen sie vor der Vorhanggalerie, etwa da, wo aktuell ein Loch ist.

6.3.21

"Kunden, die Nachthemden und Tischeimerchen kaufen, kaufen auch Bratpfannen und Heftzwecken. Oder Reisetaschen, Büstenhalter, Feinstrumpfhosen, Kabel. Oder Glühbirnen. Das klitzekleine Kaufhaus Gassmann, nicht mal ein Viertel so groß wie eine kleine Karstadt- Etage, ist längst kein Geheimtipp mehr, seit sich rumgesprochen hat, dass das Kaufhaus in Neviges alles hat. Wer zwei Gabeln, einen Bogen Plakatkarton, ein Weinglas oder eine Leiter, Vogelfutter, Herrenkniestrümpfe, Bewerbungsmappen oder Schuhcreme braucht, findet das. Es gibt zwei Kassen. Gegenüber eine Gondel-ansammlung mit aktuellen Sachen, zum Beispiel Karnevalskrempel oder Weihnachtsschmuck, und im Eingangsbereich Arztromane, Liebesromane und Teelichter. Vor dem Laden stehen die Dinge, die jeder irgendwann mal gekauft hat, jedoch nicht mehr findet. Paketkordel zum Beispiel oder Luftschlangen. Getrickst wird nicht oder so, dass man es nicht merkt. Keine Musik, keine Durchsagen, keine billigen Sachen in Bodennähe und teure im Griffbereich. Keine Kinderquengelartikel vor der Kasse (die Spielsachen, Stifte, Hefte, Kinder- bücher sind ganz hinten im Laden) und keine Sachen ohne lesbare Preisangabe. Sonderangebote heißen Sonderangebote und nicht »Sale«. Und man kann sich darauf verlassen, dass Sonderangebote vorher mal teurer waren. Gut so. Gut auch: Das Personal ist hilfsbereit. Wer etwas nicht findet, wird nicht irgendwo hingeschickt, sondern begleitet. Wenn nix los ist in Neviges, also immer außer donnerstags, am Markttag, oder wenn es regnet, gehen viele Einwohner in den Laden. Nicht zum Einkaufen, sondern zum Gucken. Irgendwas, das stellt sich schnell heraus, braucht man immer. Man weiß es aber erst, wenn man im Laden ist. – Wenn man Glück hat, trifft man die Arbeitskollegin aus Wuppertal samstags bei der Wolle. Und ihren Mann, der zwei linke Hände hat, mit der RAL-Farbkarte in der Hand vor den Lackröllchen. Die kommen nach Neviges, weil es solche Läden in Wuppertal nicht mehr gibt. (Das Wuppertaler Schauspielhaus ist übrigens auch dicht, und das Opernhaus – kein Witz – hat kein eigenes Ensemble mehr.) 

Besonders beliebt ist der Laden bei den Düsseldorferinnen, die bekanntlich das Shoppen und Geldausgeben erfunden haben. Die kommen, weil sie für den Preis einer guten Damenhandtasche auf der Kö bei Gassmann die komplette Frotteeabteilung einschließlich aller Waschlappen kaufen können."
Norbert Molitor, Im Kaff der guten Hoffnung, 2016, Piper Verlag

Wenn die Kinder oder die Liebe aus dem Haus sind, schaffen sich viele Alleingelassene in Neviges das nächste teure Übel an: einen Hund, damit jemand da ist, der wartet und gefüttert werden will. Außerdem kommt man mal raus, außerdem kann man prima Kontakt zum anderen Frauen und Männern aufnehmen (besser als bei Tinder und günstiger als bei Parship), außerdem (schreibt gerade ein Leser) lebt man länger.

Der Öffnungsfahrplan der Spaßverderber ist gar nicht kompliziert, sondern nur scheiße gestaltet. Wofür, liebe Leser*innen gibt es Grafiker*innen, wenn Praktikant*innen inzwischen alles machen dürfen? Weil es billiger ist. Und was hat die Grafik mit Neviges zu tun? Steht in Spalte 3 unter Museen, und woran denkt man sofort? Es gibt kein Museum in Neviges. Geschlossen. Seit 18 Jahren geschlossen. Warum? Darum.

"Die ersten beiden Hähnchen aß sie im Auto. Mit dem dritten und vierten fuhr sie in ihre Wohnung, deckte den Tisch, telefonierte mit der Tante, aß die Hähnchen und war kurze Zeit später wieder unterwegs: Hähnchen holen. Diesmal drei. Eins für die Tante, eins für die Cousine und eins für sich. Als die Tante nicht kam, aß sie alle drei. Und dann? »Kam die Tante.« War ihr schlecht? "Noch nicht." Nach elf Hähnchen, elf ganzen Hähnchen, war Schluss. Sie legte sich ins Bett und wartete zwei Tage ab. War ihr jetzt schlecht? Ja. War sie beim Arzt? Nein. "Was hätte ich ihm sagen sollen? Ich habe mich geschämt." Wofür? "Blöde Frage", sagt sie, "elf Hähnchen – der hätte mich eingeliefert." Und heute? "Ich kann dem Geruch nicht widerstehen. Immer noch nicht. Aber mehr als ein halbes Hähnchen schaffe ich nicht. Zwei halbe vielleicht. Höchstens drei. Dann reicht’s." – Norbert Molitor: Im Kaff der guten Hoffnung. Piper Verlag

5.3.21

Sonst was Nettes? Ja, von den beiden neuen Altstadt-Managerinnen Eva Dannert und Julia Ostkamp. Sie loben Neviges und seine Bewohner in den höchsten Tönen. Das hier, sagte Frau Dr. Eva Dannert der Lokalreporterin Kathrin Melliwa, ist ein Ort, da möchte man gern Urlaub machen. Supergeiler Satz zum Einstand, den man höflicher nicht formulieren kann. Die beiden Neuen vom Dortmunder Büro „Stadt+Handel“ werden mittwochs und donnerstags vor Ort sein.

Die Installation Die moralische Instanz fehlt heute war der beste Beitrag auf der internationalen Kunstausstellung „Crossroads" 2019 im Nevigeser Mariendom. Inzwischen ist das Werk futsch aber aktueller als je zuvor. Nie war Kunst einfacher zu verstehen.

Die letzten Vorbereitungen für ein kuscheliges Wochenende in Neviges laufen. Erst wird eine alte Platte von Tick Tack Toe aufgelegt, um in Schwung zu kommen, dann wird die Wäsche stramm- und das Bett frisch bezogen, die Spülmaschine aus- und eingeräumt, dann gehts auf Mülleimer-Suche, dann wird geplant: Samstag gehts zum Mesut, Mandarinen kaufen, dann werden die Fenster geputzt, weil die es dringend nötig haben, danach wird gekocht, geplant ist Suppe, und Sonntag gehts zum Mariendom. Nach dem Frühstück ein Spaziergang durchs Dorf bis zu Tanke, und dann wird gemeinsam überlegt: Pizza vom Ali oder Suppe aufwärmen. – Apropos Mülleimer: Eine Hausgemeinschaft vom Kirchplatz vermisst einen Mülleimer. Steht groß 11 drauf.

Edit: Wieder da. 

Ammar Morad ist nach kurzer Abwesenheit wieder bei seinen Nähmaschinen, ein wichtiger Beitrag zur Normalität in Neviges, die anormaler nicht sein kann: Die einen dürfen aufhaben, die anderen müssen sich mit dem Gegenteil begnügen. Kurzum: Man kann endlich wieder von Ammar ändern lassen, was man in Neviges zur Zeit gar nicht unter normalen Bedingungen kaufen kann. Tipp: Einen eigenen Entwurf nähen lassen. – Elberfelder Straße neben Kati.

4.3.21

Die Buchhandlung Rüger in Neviges (hier ein älteres Foto vom schönsten Schaufenster aller Zeiten) darf ab Montag wieder öffnen. Sonst was los? Ja, den ganzen Tag. Siehe Foto unten.


Noch was, auch von früher: Hier.

3.3.21




Vernissage morgen, allerdings ohne Gäste, ohne Champagner, ohne Rede, ohne Führungen und (wie immer) kein Verkauf: Die Nevigeser Treppenhausgalerie am Kirchplatz, rund 5 qm groß, stellt 20 Positionen von Anna Molitor, geborene Italienerin, vor. Die Künstlerin ist anwesend.




Früher waren die Autos in Neviges halb so schnell und doppelt so schön. Sieht man schon mal samstags und sonntags im katholischen Teil der Elberfelder Straße und freut sich. Dieses Cabrio, ein Prachtexemplar, hat, was sonst?, ein Düsseldorfer Kennzeichen.

Fällt Ihnen was ein zum Bild, außer Verwahrlosung? Gut, dann gibts Nachhilfe: Die Obrigkeit hat vor einiger Zeit neues Licht, neue Bänke und neue Schilder für die Nevigeser Innenstadt versprochen. Gemacht worden ist nichts. Wer vom Bahnhof zum Dom will, sollte ein Navi (aufladen nicht vergessen) in der Handtasche haben.

Dieses Gebäude mit der Haut einer uralten Frau, hat ein uralter Mann gebaut: Herr Böhm aus Köln, der Neviges weltberühmt gemacht hat. Könnte man mal sandstrahlen, damit es wieder frisch aussieht und zum zum Verwendungszweck passt. – Eine Nachricht noch: Dem Gebrauchtwarenhaus Sos, erst neulich aus der Stadt gejagt, geht es finanziell sehr dreckig. 

2.3.21

Vermutlich diese Woche oder später oder noch später ist der Rommelssiepen in Neviges wieder heile. Alle Löcher sind dann zu, Pflaster wieder schick wie früher, dann ist erst mal Ruhe. Und dann (hihi) wird alles wieder aufgerissen. Und zwar komplett von unten bis oben. Die Arbeiten sollen angeblich 690.000 Euro kosten, sind aber angeblich nicht mal ausgeschrieben.

1.3.21


Zum Niederknien schön, wenn man bedenkt, dass in anderen Instituten nur Kisten aus Holz präsentiert werden, die man am liebsten gar nicht sehen will, wenn man einen guten Kardiologen, Gemüsehändler und genügend Masken im Schrank hat. – Nähe Kirchplatz.

Man sieht nicht viel (man sieht gar nix) wenn man davor steht, aber heute solls losgehen: Der neue Lebensmittelladen in Neviges eröffnet heute, wenn das Schild, das gestern an der Tür klebte, aktuell ist. – Nevigeser City-Passage.



Wer durch die schwere Eisentür geht, betritt einen Vorraum mit einer beängstigend niedrigen Decke. Das Weihwasserbecken inzwischen ausgetrocknet, und dann die Offenbarung: Ein Marktplatz mit Straßenlaternen und nicht endenden Wänden, die sich zum Himmel strecken, einem Himmel aus Beton, den man erst wahrnimmt, wenn man sich an die Dunkelheit gewöhnt hat, und dann denkt: Mein Gott, ist das schön in Neviges. Eintritt nix, Maskenpflicht, täglich geöffnet.