15.1.23

Der Supertipp hat Geburtstag. 40. Immer noch kostenlos in gedruckter Form und immer noch kostenlos ohne Bezahlschranke online. Soll angeblich auch so bleiben, weil die Inserenten die Kassen klingeln lassen, von der die Lokalzeitungen nur träumen können. Dass die Waz (gegründet 1948) wichtige Nachrichten hinter Bezahlschranken versteckt (klicken Sie hier nicht, da kommt nix) und Lala-Geschichten zugänglich macht (husten Sie mal hier), versteht kaum jemand. – Glückwunsch an den Supertipp.

Edit: Die Bezahlschrankenplage betrifft inzwischen fast alle Zeitschriften und Zeitungen. Ein Jammer, dass man als treuer Spiegel-Leser, Zeit-Leser und Monopol-Leser (wird nächste Woche bei Vera abbestellt) für Onlinenachrichten bei jedem einzelnen Titel extra bezahlen muss. Spotify und Apple Music zeigen, was möglich ist.

Und sonst? Das Modegeschäft „Kult“ in der Velberter Stadtgalerie macht zu.

14.1.23

Warum in Neviges bleiben, wenn es woanders auch schön ist? Oder, warum verreisen, wenn man in Neviges alles über ferne Länder lesen kann? Die Rüger-Frauen haben neu dekoriert. Riesige Auswahl zum Mitnehmen – ohne Theater mit dem Paketzusteller. Noch. Der Vorzeigeladen will sich von Neviges im Oktober verabschieden. Bis dahin, kaufen, kaufen, kaufen. Vielleicht überlegt sich Herr Rüger seine Entscheidung noch. Foto (bearbeitet): Facebook

Hani macht morgen wieder auf. Das Eiscafé in der Altstadt hat neue Angebote angekündigt. Mit hausgemachten Bubble-Waffeln geht es Sonntag los. Der Familienbetrieb (Frau Hani, Herr Hani und die beiden Söhne) hat eine riesige Fangemeinde, die es kaum erwarten kann. Und sonst? Glückwunsch nach Malle: Juergen hat Geburtstag.




13.1.23

Im Meks am Franzosen-Kloster gibts morgen und Sonntag von 8 bis 12 Uhr 30 Frühstück. Ein Gast: Beim Mervan (Foto) werden auch Spezialitäten aufgetischt, die meine Familie noch von der letzten Türkei-Reise in Erinnerung hat. Die Food-Fotos hat eine Besucherin geknipst, die begeistert war. Das Viertel entwickelt sich zur gastronomischen Hochburg in Neviges. – Klosterstraße.


 

Eiskalt abserviert. Uwe Binder (hier in der WAZ) will um seinen Minigolfpatz kämpfen – und viele Nevigeser werden mitkämpfen. Es wird einen Bürgerbescheid geben, davon kann man ausgehen. Noch nie war die Wut der Nevigeser Bürgerinnen und Bürger größer. Ute Kranz schreibt heute auf Facebook: "Wo ist der Sinn, etwas, was wirklich seit Jahrzehnten gut funktioniert, abzureißen? Jemandem, der das Jahrzehnte lang gut gemacht hat, zu kündigen? Ich verstehe das einfach nicht.“ Eine gut vernetzte Medienexpertin: Wir werden die überregionale Presse und das Fernsehen ins Rathaus schicken. Wir werden richtig fies werden, weil wir uns nicht alles gefallen lassen können. Ein Musiker plant bereits ein Benefiz-Konzert mit anderen Künstlern. Und ein weiterer Leser, ein Jurist, denkt schon an einem Auftritt bei Hart, aber fair. Thema: Wie Kommunalpolitiker in Deutschland das Zusammenleben kaputt machen. 

Edit: Die Stadt hat auf den Artikel in der WAZ geantwortet. "Kein Abriss der Minigolfbahnen." Aber sonst alles weg (Kiosk, WCs, Büsche, Bäume, Mini-Windmühle)? Warum zieht die Stadt die Kündigung nicht zurück und verhandelt?

Text des Tages: "Versucht die Welt ein bisschen besser zu hinterlassen, als ihr sie vorgefunden habt.“ Könnte man glatt sofort an alle 70 Mitglieder des Velberter Rates per Einschreiben weiterleiten – das Postlädchen in Neviges hat noch bis 18 Uhr 30 auf.  Hier die Preise
Foto (bearbeitet): Marienwallfahrt
 

In Zeiten ästhetischer Verblödung freut man sich über eine einfache Mauer auf dem Weg zum bedeutendsten Bauwerk in Niederberg. Da kriegt "Design am Dom" (damit ist das hier gemeint) eine ganz neue Bedeutung. Großer Böhm, wir loben Dich. Und sonst? Die Reporterin von der WAZ hat einen Artikel über Uwe Binders Minigolfplatz geschrieben. Krass, was die Obrigkeit mit ihm macht – da fällt man glatt vom Glauben ab. Mehr dazu hier im Laufe des Tages.

12.1.23

"Großer Tisch mit Neuerscheinungen im Eingangsbereich, Kinderbücher rechts, Belletristik links, Sachbücher geradeaus, Reiseführer, Kochbücher und Aktionsware vor der Kasse. Und eine Spielwarenabteilung mit Geburtstagsfächern im Nebenraum. Die Buchhandlung von Herrn Rüger in Neviges ist vierzig Jahre alt.
Drei Buchhändlerinnen teilen sich die Arbeit. Sie kennen den Namen jedes Stammkunden, alle wichtigen Bücher, und wer ein Buch für ein »hochintelligentes, zwei Jahre altes Kind« sucht, kriegt die richtige Antwort. »Das sagen alle! Wir haben deshalb ausschließlich Bücher für hochintelligente Kinder – und Eltern.«
Herrn Rüger, den Chef, sieht man selten. Nicht, dass er nix macht, er hat drei weitere Läden in benachbarten Kleinstädten, die noch nicht zu Papeterieläden mutiert sind wie viele Kettenläden in der Großstadt. Ein paar Kalender, ein paar Notizbücher, ein paar Grußkarten, neuerdings auch (hässliche) Kugelschreiber müssen reichen. Die Buchhandlung veranstaltet Lesungen in Wülfrath und Mettmann, und einige Leute erinnern sich noch an den großen und großartigen Uwe Johnson, der alle überragte und nach der Lesung mit den Leuten ein Bier in der Stadthallenschänke trank.
Was auf der Spiegel-Bestsellerliste steht, ist da. Nobelpreisträger dauern ein paar Tage, dann liegen sie im Schaufenster. Helmut Schmidt und Helmut Kohl stehen nebeneinander im Regal, Hans Küng und Günter Wallraff sind Dauergäste. Wie der Papst.
Was nicht da ist, wird besorgt oder vorbestellt. Stammkunden, die einen bestimmten Autor irgendwann gekauft haben, werden angerufen, sobald etwas Neues erscheint. Und wenn man nicht weiß, was man seiner Nachbarin zum Geburtstag schenken oder dem Gemüsehändler zu einer Einladung mitbringen soll, kann man fragen. Die Rüger-Frauen wissen, was die Nachbarin liest. Und packen es hübsch ein.
Mit den Millionen digitalen Titeln im Internet (und den vielen kostenlosen Klassikern) kann die Buchhandlung nicht mithalten. Bei gedruckten Büchern ist das anders. Die kosten nicht mehr, sind genauso schnell oder schneller da – und können mit einer Mail selbst mitten in der Nacht bestellt werden. Amazon-Link genügt.
Es gibt viele kleine Schaufenster. Eins für Kultur, eins für Veganer, eins für Mädchen, eins für Kinder, ein Schaufenster für Leseratten, eins für Schüler und eins für Lehrer und Besserwisser, die ohne den allerneuesten Duden nur ein halber Mensch wären. Das schönste Fenster ist das Kulturfenster. Kein einziges Buch, aber alle wichtigen Informationen, ohne die das Kulturleben im Ort zusammenbrechen würde. Das Fenster ist zugekleistert: Ausstellung vom örtlichen Kunstverein, Flötenkonzert im Mariendom, »Jesus- inspirierter Wohnzimmerpop« in der evangelischen Stadtkirche, Schachabend im Café am Brunnen, Laternenfest in der Fußgängerzone, Mittelaltermarkt vor »Schloss Dauerbaustelle«, Gesundheitstag vom Dorfapotheker.
Direkt daneben die Veganer, die auf dem besten Weg sind, den Apotheker und den Schulmediziner überflüssig zu machen. Glauben sie.
Basisches Kochen ist nicht mehr aktuell, also nicht mehr im Schaufenster, vegetarisches Kochen ist nach wie vor da, Ayurveda hält sich gerade noch im Regal – und Karin Duves Anständig essen muss bestellt werden."

Norbert Molitor: Im Kaff der guten Hoffnung, Piper Verlag, 2016. Aktueller als dieser Text (das ist die schlechte Nachricht): Rüger macht im Oktober zu


Die Wettervorhersage für heute hängt im Flur. Etwa 20 x 20 cm, signiert und datiert, hübsch gerahmt (Ikea) und nicht verkäuflich (das Finanzamt liest mit). Also: Anorak an, und Gummistiefel nicht vergessen. Der Wetterdienst hat Windgeschwindigkeiten zwischen 65 und 75 Stundenkilometer und Sturmböen bis 85 km/h vorhergesagt. Da kann man mit Schirm schnell wegfliegen.

Edit: Aufgrund der Wetterlage bleibt die Weinhandlung Stellwag heute geschlossen.

Es gibt nix Gutes, außer man tut es, und kauft beim Forellen-Cowboy geräucherte Forellen für freitags. Kann man auf Brot essen, kann man mit Bratkartoffeln essen, kann man auch ohne was essen, Hauptsache, morgen kommt Fisch auf den Tisch. Hoffen wir mal, dass er heute da ist (der Fischer aus Venlo macht übrigens noch Urlaub).

Hier gehts zur Webseite des Veranstalters. Ziemlich mager, man erfährt wenig. Könnte man sich bei Gelegenheit mal vornehmen.

Edit: Forellenmann ist gar nicht da. Eierfrau und die vielen Klamottenlmänner auch nicht. Naja: Markantes Wetter ...

11.1.23

Kati und Simone haben wieder auf. Besonders hübsch ist das Teil mit den vielen Buchstaben. Ideal für Frauen, die sich mit Buchstaben beschäftigen (Grafikerinnen) oder sogar verkaufen (Buchhändlerinnen). Oder Lehrerinnen (sieht voll schlau aus). Hani macht übrigens nächsten Montag wieder auf. Wird auch Zeit, die Leute vermissen sein Baguette. Sonst sind alle da.

Hier sollte Kunst gezeigt werden, ist aber nix geworden, weil der Fotoapparat ziemlich neu war und die ersten Seiten der 320 Blatt Bedienungsanleitung nicht beachtet wurden. Deckel abnehmen steht irgendwo ganz am Anfang unter: Kamera einschalten. Info: 4160 x 6240 Pixel, hier verkleinert, aber immerhin ein Original. So was schmeißt man nicht weg. Lange Rede, kurzer Hinweis:

Das schwarze Rechteck. Format 2 zu 3, nicht 3 zu 2 (wir sind hier nicht im Baumarkt), rückseitig signiert. Kaufpreis 0 Euro.

Heimlich, still und leise hat sich das Kunstdepot von Karola Teschler im ehemaligen Dovotionalien-Shop im Pilgerviertel zu einem besonderen Ort der Kunst entwickelt. Zur Zeit gibts diese Zeichnung im Schaufenster. Wer immer die Zeichnung gemacht hat, er oder sie (?) kann zeichnen. Frau Teschler wars nicht, die Künstlerin macht andere Sachen. Größere. 
Hier gehts zu einer von ihr kuratierten Ausstellungsvorbereitung im Mariendom, hier sind zwei Werke dieser Ausstellung, hier gibts eine überragende Arbeit von einem Kollegen aus Paderborn und hier gehts zu ihrem beeindruckendem Kunstwerk Die unendliche Reise eines Fisches. – Und außerdem wird Geld gedruckt.

10.1.23

Scheibe Wurst beim Kuhlendahl, Brötchen beim Schreihals, Olive beim Feinkosttürken, – wenn Hunde sich wie kleine Kinder aufführen und alles haben wollen, hat der Mensch bei der Erziehung versagt. Bettelnder Hund mit Besitzer (rechts) auf dem Wochenmarkt. (Es gibt Gerüchte, dass der Wochenmarkt von der Obrigkeit in Velbert nach Rosenhügel verlegt werden könnte, weil die Leute lieber in Rosenhügel ihr Geld auf den Kopf hauen. Ist wahrscheinlich nix dran. Trotzdem: Obacht!)

Einmal im Jahr kommen die Hunde, Ponys, Katzen, Fische, Enten, Igel, Rehe, Hirsche, Esel, Tauben, Hühner, Kühe, Schwule, Lesben, Kaninchen, Schildkröten und Meerschweinchen zum Gottesdienst am Mariendom und lassen sich segnen. Moment: Schwule? Lesben? Warum nicht? Einfach Mitglieds-Ausweis bereithalten. Wer Geld nimmt, muss liefern.

Mein SUV, mein iPhone, meine Sonnenbrille, mein Hund, meine Enkelkinder, meine Handtasche, meine Birkenstocks, meine Krankheiten, mein Hintern. Es gibt unzählige Möglichkeiten in der Nevigeser Fußgängerzone anzugeben. Jetzt ist es wieder soweit: Zwei Cafés sind auf. Hauptsache, die Leute sind neidisch.

Neuer Angebertrend: Mit einem bis zum Rand mit Markenartikel gefüllten Einkaufswagen von Netto oder Lidl durch die Fuzo cruisen: "Guckt mal, Leute. Kann ich mir noch leisten".

9.1.23



Typografie kann so einfach sein, wenn man sich an die Regeln hält. Kein Text, den man mit einem Blick nicht erfassen kann, auch dann nicht, wenn eine Mauer bis zum Dönberg reicht. Wer gucken will: Gegenüber von Graf Hardenberg. Persönlicher Tipp beim Grafen: Rote Beete Carpaccio mit Bratkartoffeln.


Der Alte Bahnhof hat endlich die lange geplante Reklamestele aufstellen dürfen. Hübsch geworden – und gut sichtbar. Was gibts sonst Neues: Mittwoch ist wieder auf. Hier die aktuellen Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 17 bis 23.30 Uhr (donnerstags auch von 11 bis 13 Uhr), Samstag und Sonntag von 15 bis 23.30 Uhr. Persönlicher Tipp: Die Riesenfrikadellen nach Annas Rezept.


Vierfach sparen im Netto, und was übrig bleibt im Portemonnaie, kann nebenan wieder ausgeben. Im Backtreff kostet ein Papp-Becher-chen Espresso 2 Euro 50. Rekord für Neviges. Der Laden hieß früher mal Billigbäckerei. Übrigens: Auch Netto ist nicht mehr sooo günstig. Der Preis für die klitzekleinen Tomaten ging Samstagabend (knapp unter 11 Euro fürs Kilo) in Richtung vierfach bezahlen.

8.1.23

Mervan Akkoyun (links im Bild) hat sein eigenes Restaurant eröffnet. Was gibts alles? Pizza, Pasta, Pide, Dürüm, Salate, Fleischgerichte, vegetarische Gerichte und Sachen "für den kleinen Hunger". Großer Gastraum, und im Frühling kann man draußen sitzen. Nähe Kloster. Täglich geöffnet (mo bis do von 11.30 bis 22 Uhr, fr und sa von 11.30 bis 23 Uhr, so von 12 bis 22 Uhr). Und noch was: Samstags und sonntags gibts Frühstück von 8 bis 12.30 Uhr. Geliefert wird bis 22 Uhr. Der Ex-Laden von Toni heißt jetzt Mek's Pizza House.


Am meisten open in Neviges ist der Kiosk neben dem geschlossenen Café de Paris und dem auch geschlossenen Feinkostladen, nämlich täglich bis 22 Uhr, und zwar 7 Tage in der Woche. Zeitungen gibts nicht, aber sonst alles, auch Dosenmilch und Fusel, falls mal Besuch kommt und den Espresso etwas heller oder corretto schlürfen will.

Wer wissen will, was in Neviges passiert, geht auf supertipp-online oder samstags zum Briefkasten. Der Supertipp ist die auflagenstärkste Zeitung im Kreis und kostet weder online noch gedruckt einen Cent. Astreiner Stellenmarkt für Nichtakademiker, reichlich Reklame mit Sonderangeboten, viele Familienanzeigen (Geburten, Hochzeiten, Sterbefälle und was dazwischen im Leben so passiert) und immer schöne Texte. Neulich zum Beispiel: „Einbrecher ohne Schuhe flüchtet in Waldgebiet."

Die geheimen Wünsche der Nevigeser Männer sind endlich erforscht. Nicht ganz seriös, wie alle Umfragen, aber eindeutig. Auf Platz eins stehen drei Buchstaben. Auf Platz zwei stehen vier Buchstaben und auf Platz drei wieder drei. Wer wissen will, was, muss sich bis Dienstag gedulden. Die geheimen Wünsche der Nevigeser Frauen werden Freitag veröffentlicht. Bleiben Sie dran.

Trinkt 3 Liter Wasser am Tag. Zieht euch warm an. Raucht nicht. Geht zum Frisör. Macht eure Steuererklärung. Geht wählen. Verpasst den Bus nicht. Räumt die Küche auf. Bringt den Müll raus. Macht die Musik leiser. Kauft nicht bei Amazon. Fahrt Fahrrad, aber nicht elektrisch. Warum diese  Klugscheißerei in Neviges? Darum.

Und sonst? Rüger macht zu, aber erst im Oktober. Warum? Darum. Was noch: Tedi in Tönisheide ist nicht schlechter als früher Gassmann. 

 

7.1.23

Die bekannteste Tapete der Stadt wird 20. Kaum zu glauben, was Frau Melliwa, die bekannteste Reporterin der Stadt, heute auf Waz+ veröffentlicht hat. Hier ein Link zu ihrem Text (und ein wunderschönes Foto von Christof Köpsel). Es gibt sie also noch: Einzelhändler, die dem Dorf die Treue halten, regelmäßig aufhaben, immer freundlich sind und deshalb geliebt und verehrt werden. Herzlichen Glückwunsch.

"Herr Maier ́s (mit Apostroph) verkauft Schuhe im ehemaligen Schleckerladen. Der Laden ist riesig. Sein Vermieter, der erste Vorsitzende der Werbegemeinschaft, hat es geschafft, ihn nach fünf Jahren Leerstand in seinen Laden zu locken, was bei anderen Vermietern nicht gut ankam, weil Herr Maier drei Läden verlassen hat, die den Leerstand im Dorf vergrößerten.

Das Angebot ist modisch. Nicht teuer, nicht billig, immer mit Luft nach unten, weil Schuhe, die nicht laufen, sofort zu reduzierten Preisen angeboten werden. Herr Maier hat deshalb, so munkelt man, eine Druckerpresse im Keller, die nur SALE und Prozentzeichen in HKS 13 drucken kann. In seiner Freizeit bläst Herr Maier rote Luftballons auf.

Herr Maier ist der erfolgreichste Einzelhändler im Kaff. Er verkauft keine rahmengenähte Budapester aus England oder Italien (die würde er nie los), sondern zusammengeklebte Schuhe hipper Hersteller, die man auch in Ratingen, Köln, Seevetal oder im Internet für den selben Betrag kaufen kann. Sie halten natürlich keine 20 Jahre wie teure Schuhe mit Brandsohlen – sollen sie auch nicht. Hauptsache modisch. Und nicht zu teuer. 90 Prozent der Kunden sind Kundinnen.

Wer am Monatsende kein Geld hat, kann ein Paar Schuhe bis zum Ersten zurücklegen lassen, und wer sich nicht entscheiden kann, oder die Schuhgröße eines Familienmitgliedes nicht sicher kennt, nimmt eine Auswahl verschiedener Modelle mit nach Hause.

Vor dem Laden stehen die Prozente-Gondeln mit den roten Luftballons: Oben ist günstig, unten ist billig, ganz unten ist sehr billig. Viele Kundinnen krabbeln lieber die Angebote ab, als zu viel zu bezahlen.

Hinten im Laden die schönen Modelle – die später vielleicht mal in die Krabbelabteilung wandern. Knallrotes Sofa, flauschiger Teppich, angenehme Beleuchtung, gute Warenpräsentation in Greifhöhe, gute Schuhe. Einen Schuster mit Ausputzmaschine, Doppelmaschine und Nähmaschine mit Fußantrieb gibts ein paar Häuser weiter. Bei manchen Schuhen würde sich eine Reparatur lohnen.

Herr Maier ist Vorbild. Seine eigenen Schuhe kann man im Laden kaufen, was gut fürs Geschäft ist. Seine Klamotten kann man im Dorf nicht kaufen. Sein klitzekleiner Dackel stammt, wie jeder zweite Hund in Neviges vermutlich aus Rumänien. Es gibt ältere Damen, die ein Maier-Exemplar im Tierheim suchen – und finden. Im Dorf gibt es mehr Kleinhunde als Kleinkinder." 
(Norbert Molitor, Im Kaff der guten Hoffnung, Piper Verlag, 2016)